„Danke für die inspirierenden Gespräche“ – unter dieser Überschrift postete Bundespräsident Frank Walter Steinmeier auf seinem Instagram Account die Fotos von seinem Besuch bei der Gefängnisseelsorge. Er war gleich am Donnerstag auf dem Markt der Möglichkeiten und nahm sich eine halbe Stunde Zeit für Gespräche mit Mitarbeiter*innen und Besucher*innen des Standes der Gefängnisseelsorge.
Zunächst setze er sich zu den ehrenamtlichen Standmitarbeiter*innen, die noch im Gefängnis oder in der Maßregel leben, beziehungsweise gerade entlassen waren. Er stellte viele Fragen zu ihren Erfahrungen im Vollzug und mit der Seelsorge. Es interessierte ihn besonders, welche Bedeutung die Begegnung mit Seelsorgenden im Vollzug für ihr zukünftiges Leben in Freiheit haben kann.
Nach einigen Fragen an die Seelsorgenden des Standes wandte er sich Kindern zu, die sich gerade das Vater-Kind-Projekt in einer Anstalt erklären ließen. Die Kinder stellten ihm das Projekt dann voller Überzeugung einfach selbst vor, denn sie hatten sich ja gerade zuvor genau über die Situation von Kindern inhaftierter Väter erkundigt. Noch ein paar Fotos mit jungen und älteren Gesprächspartner*innen und der Bundespräsident zog weiter.
Das Standkonzept, das zu Begegnungen zwischen Besucher*innen des Kirchentages, Menschen mit Vollzugserfahrung und Seelsorgenden anregen sollte, war schon beim Besuch des Bundespräsidenten voll aufgegangen.
Und so blieb es an den nächsten Tagen: Gerade Jugendliche interessierten sich zunächst für die „Knastgeräusche“ (Audioaufnahmen von der oft sehr funktionalen Geräuschkulisse im Gefängnis), die sie im Gefängnisbus auf dem Stand hören konnten. Viele blieben danach aber noch wesentlich länger, weil sie Fragen an die Gefangenen hatten, die den Stand mitbetreuten. Für jugendliche und erwachsene Besucher*innen gleichsam war das Hören von Schlüsselgeklapper, von Klängen der Stahltüren und der hallenden Schritte auf den Gängen und vom sachlichen Knarzen der Durchsagen ein intensives Erlebnis, das das Leben in einer JVA zumindest akustisch nachvollziehbarer machte.
Da waren viele froh, dass auf dem Stand auch noch Aufnahmen vom Summen der Bienen eines Gartenprojektes in einer Anstalt, von einem von Gefangenen komponierten Rap, einem Gefängnisgospelchor und von Stimmen des Projektes „Väter lesen für ihre Kinder“ zu hören waren. Kinder und Eltern waren besonders von der „Knastratte Rezzo“ und dem dazugehörigen Buch aus dem Vater-Kind-Projekt in einer JVA fasziniert.
Es kamen gerade auch Menschen mit speziellen Fragen und Hintergründen an den Stand der Gefängnisseelsorge: Menschen mit Angehörigen, die in einer JVA leben, solche, die selbst schon mal inhaftiert waren – und sei es wegen Wehrdienstverweigerung – und auch Menschen mit sehr kritischer Haltung gegenüber unserer Arbeit.
Sehr ermutigend waren die vielen Gespräche mit Studenten*innen und Auszubildenden, die sich - ob ehrenamtlich oder beruflich - für ein Engagement in der Gefängnisseelsorge interessierten.
So können wir uns insgesamt nur dem Bundespräsidenten anschließen:
„Danke für die inspirierenden Gespräche.“
Pastor Jan Postel für die Gefängnisseelsorgekonferenz Niedersachsen/Bremen