in der Straßenbahn saßen mir drei Frauen gegenüber. Es war kurz vor Pfingsten und eine der drei Frauen sagte: „Die Bayern machen das besser als wir. Die legen die ganzen Feiertage zusammen und haben jetzt 14 Tage Pfingstferien. Da sind die Preise für Reisen noch nicht so hoch. Wir hatten immer nur mal einen Tag frei. Ein verlängertes Wochenende ist ja nicht schlecht, aber 14 Tage Ferien sind besser.“ Ich habe eisern geschwiegen und den Frauen nicht erklärt, dass in Bayern die Feiertage von Karfreitag bis Pfingstmontag einschließlich dem 1. Mai auch frei sind und es dort Pfingstferien wegen des späten Beginns der Sommerferien gibt. Dafür haben die Niedersachsen 14 Tage Herbstferien - wegen des früheren Beginns der Sommerfeien.
Diese Geschichte geht mir in diesen Tagen durch den Kopf, wenn Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter erneut anregen, doch ein oder zwei Feiertage aufzugeben, um durch mehr Arbeitsstunden Wirtschaft zu stärken. Diese Forderung ist nicht neu, aber die Aufgabe des Buß- und Bettags zugunsten der Pflegeversicherung hat gezeigt, dass die wirtschaftlichen Effekte begrenzt sind. Eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit ist ein entscheidender Faktor für die Produktivität eines Landes. Das ist das eine.
Das andere: Die drei Frauen in der Stadtbahn und die Wirtschaftsvertreter sehen die Feiertage primär als arbeitsfreie Tage. Das sind sie ohne Frage, aber sie haben einen Sinn, der darüber hinaus geht: Der 1. Mai ist klassisch der Tag der Arbeit, dessen Sinn erschließt sich für die meisten Menschen leicht. Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten sind christliche Feiertage, die auf das Leiden und Sterben, die Auferstehung, das endgültige Hineingehen Christi in Gottes himmlische Welt und das Kommen von Gottes Geist in die Welt hinweisen. Sie sind Teil des religiösen Gedächtnisses unserer Gesellschaft, aber worin ihr Sinn besteht, verblasst oder wird säkular gedeutet: Ostern als Fest des Osterhasen, der Eier und des Lammbratens, Himmelfahrt als Vatertag und Pfingsten, ...Pfingsten ist offensichtlich schwer säkular zu interpretieren. Dabei besitzen diese christlichen Feste einen tiefen Sinn von Menschlichkeit, den zu entdecken und bedenken sich lohnen kann.
Pfingsten steht christlich für die Bedeutung der Sprache und die Notwendigkeit des gegenseitigen Verstehens trotz unterschiedlicher Sprachen und Kulturen. Ohne eine Art von Sprache keine Kommunikation und ohne eine gemeinsame Sprache kein gemeinsames Leben. Viele elementare „Dinge“ im Leben gibt es nur im Wort: Liebe, Glaube und Hoffnung sind die zentralen Worte, worauf schon die Bibel von Anfang an verweist. Auch Gott bzw. eine höhere Macht ist ein zentrales Wort in allen Sprachen, egal ob die Existenz eines göttlichen Wesens geglaubt wird oder nicht. Pfingsten steht dafür, dass Gottes Geist diese Welt nicht verlässt um der Menschlichkeit willen. Einmal im Jahr Grund und Muße haben, darüber nachzudenken, welch Geistes Kind ich bin und wie ich meine Sprache finde und pflege. Dann macht so ein Feiertag durchaus Sinn.
P:S. Die Geschichte mit den drei Frauen habe ich tatsächlich erlebt und die Geschichte von den Sprachen und dem Geist findet sich in Apostelgeschichte 2, 1-13.