Land produziert, Stadt konsumiert?

Nachricht 12. April 2025

Spannungsfeld Lebensmittel - ein Marktgespräch

Am Samstag, 12.4., haben etwa 70 Interessierte in der St. Lamberti-Kirche in Hildesheim die Premiere der Reihe „Marktgespräche“ miterlebt. Stadtbewohnende und Menschen vom Land kamen über das ins Gespräch, was uns alle betrifft: die Erzeugung von Nahrungsmitteln. Die Kenntnisse darüber, wie die Feldfrüchte wachsen und Tiere gehalten werden, ja über Landwirtschaft insgesamt, nimmt besonders in den Städten immer weiter ab. „Das ist aber auch kein Wunder, denn die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe geht immer weiter zurück, das heißt, immer weniger Menschen haben einen direkten oder indirekten Bezug dazu“, sagt Elisabeth Brunkhorst, Präsidentin des Niedersächsischen Landfrauenverbandes Hannover e. V. Dem wollen die „Marktgespräche“ etwas entgegensetzen. Sie sind von den Niedersächsischen Landfrauen zusammen mit der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen entwickelt worden und finden in Kooperation mit örtlichen Kirchengemeinden statt. Am Samstag ging es also um Nahrungsmittel, und auf dem Podium waren nach den Grußworten von Elisabeth Brunkhorst und dem stellvertretenden Landrat Justus Lüder: Judith von Hermanni, Landwirtin und Landfrau, Wiebke Franke-Rathmann, ebenfalls Landwirtin, Henrike Monninger und Arian Obornik, die die solidarische Landwirtschaft „Immergrün“ betreiben, und Diakon Andreas Handzik von der sozialen Essensausgabe „Guter Hirt“. Moderiert von Berit Hartig erzählen die Referent*innen aus erster Hand, wie bei ihnen Nahrungsmittel erzeugt bzw. an Bedürftige weitergegeben werden. Henrike Monninger bringt es auf den Punkt: „Lebensmittel sind doch für den Menschen das Wichtigste überhaupt“, sagt sie. Lebensmittel haben einen Wert, der über den Preis hinausgeht. Die Freude ist Judith von Hermanni anzumerken, als sie über den Weizen mit Backqualität in der Hildesheimer Börde spricht. Bei „Immergrün“ wird alles Gemüse in Handarbeit erzeugt, und ihre ca. 70 Kund*innen kennen Henrike Monninger und Arian Obornik persönlich. Aber auch, wo in größerem Stil Landwirtschaft betrieben wird, erfolgt das in Deutschland mit großer Gewissenhaftigkeit. Die Präzision, mit der heutzutage Pflanzenschutzmittel ausgetragen werden, kommt als Beispiel zur Sprache. Das allein ist bereits ein Schritt im Umweltschutz - eben auch in der konventionellen Landwirtschaft. „Bio ist nicht immer und automatisch die bessere Wahl“, sagt Wiebke Franke-Rathmann. Auch bei Bio-Produkten gilt es, hinzusehen, wo sie herkommen und unter welchen Bedingungen sie erzeugt werden.
Andreas Handzik ist froh, dass der „Gute Hirt“ Menschen, die es sich nicht leisten können, frisches Obst und Gemüse zu kaufen, trotzdem gesunde Nahrungsmittel anbieten kann. Der regionale Fruchthof hilft hier ganz erheblich. Denn das Recht auf angemessene Nahrung ist ein Menschenrecht. Wir können da, wo wir leben, viel dazu beitragen, dass alle auch zu ihrem Recht kommen.  
Nach dem Marktgespräch in der Kirche konnte, wer wollte, noch einen Rundgang über den Neustädter Markt machen. Pastor Peter Noß-Kolbe, dem es offensichtlich den ganzen Tag schon Freude gemacht hatte, das Marktgespräch in seiner Gemeinde zu Gast zu haben, verteilte ebenso schwungvoll die noch verbliebenen Kuchenstücke unter den Marktbesucher*innen.
Die nächsten Marktgespräche werden stattfinden in Braunschweig (Landfrauen in Kooperation mit der Kirchengemeinde dort) und in Celle (Landfrauen, Konföderation und Kirchengemeinde).

Pastorin Cornelia Möller, Referentin für Land- und Ernährungswirtschaft für die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen